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ARTIKEL VON
REINHARD TRAMONTANA, PROFIL
- Raub, Rauch und Revolver
- In Burma war vor vierzig Jahren die Hölle los - also
höchste Zeit
- für Kommissar X, einzugreifen
Jeder Mensch weiß, dass es in diesen noch hinterindischeren
als den ohnehin schon hinterindischen Gegenden Geschöpfe gibt, die einem
aufrechten Menschen nicht immer gut gesonnen sind.
Sollte sich eine gescheite, gleichwohl gutwillige Frau in das
eigentümliche Gelände dortiger böser Mächte begeben, so ist das Bangen am
Busen oktroyiert. Sollte sie, treppabwärts, noch dazu von Leuten
weggeschleppt worden sein, die voll hinvermummt dahergekommen sind, dann
handelt es sich um einen eindeutig kriminellen Übergriff. Es gilt folglich,
diese arme Frau aus den Krallen einer furchtbaren Sekte zu befreien.
Das dachte sich vor vierzig Jahren auch der deutsche Autor C.
H. Guenter und erfand den New Yorker Privatdetektiv Jo Louis Walker, "der
sich eine Lucky aus der Packung schüttelt".
Ungebrochen ist Jo Walker den entsetzlichen Erscheinungen
hinterher, die einem grauslichen Kult vorstehen, der sich "die gelben
Katzen" nennt. Der erste wieder aufgelegte Band heißt deshalb auch
"Drei gelbe Katzen". Es lässt sich, und soll hier ja nicht verraten
werden, erst am Schluss des Romans enträtseln, warum dieser Geheimbund nicht
bloß ein Geheimbund ist, sondern ein mörderischer.
Das Charmante an dem im Oerindur Verlag erschienenen Buch ist
jene Unbefangenheit, mit der uns vor etlichen Jahren noch Abenteuer erzählt
worden sind. In ihnen gibt es natürlich nicht nur Schwarz, sonder auch Weiß,
wir ahnen auf der dreißigsten Seite noch nicht, was auf der vierzigsten
passieren wird, aber ab dieser hoffen wir, dass bis zur vierundvierzigsten
Seite alles so passiert, wie wir es uns gewünscht haben.
Heutzutage werden Dramolette hochschwadroniert, damit sie zu
Bestsellern taugen, jeder gerade noch druckbare Schmarren wird als
"Psychothriller" angepriesen.
Seinerzeit gab es bis zu 37 Heft-Romanreihen, woraus auch
Fernseherfolge erwuchsen. Aus der televisionären Umsetzung sind immerhin
"77 Sunset Strip" und "Kojak" Telly Savalas (der
glatzköpfige Bulle mit dem Lolli) geworden.
Von den Romanreihen, die abseits von
"Sylvia-Kristall" (welcher Adelige ehelicht welche Bürgerin?)
erschienen sind, sind zwei natürlich besonders erwähnenswert. Die eine ist
"G-Man Jerry Cotton"; der uns jedes Mal klargemacht hat, dass kein
Gangster ein Leiberl in New York hat, solang er, zusammen mit seinem
Busenfreund Phil Decker , in seinem roten Jaguar unterwegs ist.
Die Abenteuer des Herrn Jeremias Baumwolle sind beinahe
beständig erfrischende, moralische Leitplanken gewesen. Und sie haben uns in
unseren schlanken Jahren in der Tanzschulzeit die Sicherheit verliehen: Wenn
"es brodelt in der Unterwelt", wird es an die Oberwelt nicht
ausbrechen, und ebenso wenig haben wir mit Verletzungen zu rechnen, wenn
dieses Paar uns verrät: "Wir stachen in ein Wespennest".
Der zweite Hammer in jener Art Trivialliteratur, die auch
gern von jenen unterschätzt wird, die Hedwig Courths-Mahler leider nicht von
Rosamunde Pilcher unterscheiden können, ist der "Butler Parker".
Etwa dreihundert Mal hat ihn sein Erfinder Günter Dönges auftreten lassen.
Der Butler stand stets im Zentrum eines erfreulich abscheulichen Geschehens,
und da die mit der Aufklärung notorisch überforderte Polizei das Handtuch
und die Smith & Wesson warf, musste er, zur großen Freude der großen
Lesergemeinde, eingreifen, um das jeweilige schändliche Subjekt – auf
äußerst pointierte Weise – dingfest zu machen.
Es war, in diesen fünfziger Jahren, als fünf große Verlage
ihre Heftreihen herausbrachten – selbst der Wiener Hiro Verlag trat mit
seinem "Allan Wilton" eindrucksvoll auf, das Ehepaar Becker hatte
höchst erfolgreich "Gestatten, mein Name ist Cox" erfunden -, nicht
leicht eine Romanfigur auf den schon recht prallen Markt zu werfen.
C. H. Guenter schrak nicht davor zurück, seinen Walker ohne
Reklame losstapfen zu lassen. Ab einer Auflagenhöhe von 40.000 Stück arbeite
er mit Robert F. Atkinson zusammen, der, als Erfolg und dementsprechend die
Anforderungen zunahmen, eine sechsköpfige Redaktion leitete. Kommissar X
(angeblich sein Spitzname bei der Pariser Interpol) bekam vom Autorenteam
immer größere Wohnungen und Autos., seltsamerweise aber nie eine Frau.
Jedenfalls nicht offiziell. Als er im Roman "Drei gelbe
Katzen" äußerte, eine Zigeunerin habe ihm geweissagt, er habe noch 36
Jahre zu leben, wurde ihm bald darauf immerhin eine Assistentin zugeschrieben.
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